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To Cross the house

Kostüm Probe

damian rebgetz

Im November 2007 erlebte ich eine Offenbarung als ich U-Bahn fuhr, von Wedding nach Kreuzberg. Der Zug bremste überrasdchend und meine Tasche fiel gegen die Wand der Zuges. In dieser Tasche war ein Glockenspiel. Der Klang des Glockenspieles, als seine einzelnen Teile tief in der Tasche gegeneinander geschleudert wurden, führte zu überrascht zu mir gewendeten Köpfen der Fahrgäste. Ihre Gesichter schauten mich an mit vielerlei verschiedenen Ausdrücken – von Erschrecken bis Verdacht. Auch ich war von diesem Klang überrascht; und zuerst schaute auch ich irritiert und ziemlich verwundert. Als mir klar war, was da passiert ist, konnte ich nicht anders und musste diese neuen und  unerwarteten Klänge erklären. Ich sprach: “Es ist ein Glockenspiel in der Tasche!”

Später wurde mir klar, dass ich mehr zu mir als zu den anderen sprach. Es scheint, als könnten manche Entdeckungen nur gemacht werden, indem sie auch laut ausgesprochen würden. Dieses ‘Glockenspiel in der Tasche’ war eine wunderbare Erscheinung: ein Tasche mit sieben Siegeln, die mich zu sich winkte, in eine unbekannte, unerhörte Welt, in der Objekte Instrumente sind, diese Instrumente Klänge spielen und Musik – und nicht andersherum. Mich faszinierte dieses Verhältnis von Zufall und Akustik und mir wurde auch klar, dass es sowohl schwerer als auch einfacher wäre, ein ‘Glockenspiel in der Tasche’ zu spielen. Um es zu spielen, müsste man irgendwohin unterwegs sein.

Ich fing an, auf verschiedenen Wegen zu spielen und dabei mitzusingen. Mir wurde klar, dass ich abgelenkt wurde, von allem, was ich sah. Ich stellte also Masken her, die mich blind machten. Ich verstärkte meinen Gesang durch tragbare Lautsprecher und wob Audiokabel zu Zauberteppichen, die ich auf meinem Körper drapierte. Unterwasser begann ich zu hören und den Fischen Lieder vorzusingen. Ich wollte meinen Weg finden durch Klänge – ganz gleich wohin mich dies führen würde.
Eines Tages dann verstumme ich und träumte von einem Haus. Es war ein merkwürdiges Haus in einem fernen Ort. Ich wollte daran vorbeigehen, aber es zog mich an. Es rief mich an. Ich fragte mich, ich ihm näherkommen könnte. Ich hatte keine Ahnung, welchen Weg ich nehmen sollte. Also nahm ich mein Glockenspiel in der Tasche und begann zu singen. Ich machte mich auf den Weg und lauschte mir selbst auf den Flächen des Hauses, seinen Treppen und Rundungen, seinen Mauern und Dächern, seinen Ecken.

to cross the house (white)

To cross the house. ist ein performativer Soundwalk über das Haus der Kulturen der Welt. Das Haus und seine Umgebung bieten die Soundscape für eine einzelne, wandernde Figur, die ihren Weg findet durch Lieder.

Das Haus zu durchqueren ist zugleich eine Durchquerung von biografischen und historischen Epochen des Performers, seiner Kultur und des Hauses der Kulturen der Welt. Am Ende steht ein Liederzyklus. Diese Lieder können nicht vom Weg und seiner Soundscape abgetrennt werden. Sie existieren nicht ohne die spezifischen Klänge und akustischen Eigenschaften der Landschaft und der Architektur,

Das Publikum ist eingeladen, den Performer zu begleiten und dem Spaziergang zu lauschen. Falls es regnet, denken Sie daran, einen Regenschirm mitzubringen.

‘Leaving my steps on the steps’

Eine der Episoden von To cross the house trägt den Titel ‘Leaving my steps on the steps’ von Thomas Koch, Alexander Sieber und Damian Rebgetz. Diese elektroakustische 12-Kanal-Performance arbeitet mit einer Ansammlung von Steptanzschuhschritten auf der charakteristischen Außentreppe des Gebäudes.
Die Episode ruft damit die US-amerikanische Kultur der 50er Jahre in Erinnerung sowie die Anfänge des Gebäudes als Kongresshalle und architektonisches Zeichen für Westberlin – im Jahr des 20. Jubilaums der Wiederöffnung des Gebäudes als Haus der Kulturen der Welt.